Empathic Design in der Lehre


05. März 2024

Wie Bedürfnisse verschiedener Zielgruppen in Marketing & Produktgestaltung berücksichtigt und in den Designprozess einbezogen werden können.

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Wie gestaltet sich der Alltag, wenn die Mobilität eingeschränkt ist? Wie fühlt sich ein Einkauf für 80-Jährige an? Welche Herausforderungen bringt Einkaufen mit sich, wenn die Sehkraft stark beeinträchtigt ist?

Diesen und weiteren Fragen stellten sich die Studierenden der Master-Studiengänge Consumer Research & Data Driven Marketing und Produktmarketing & Innovationsmanagement am Campus Wieselburg der Fachhochschule Wiener Neustadt in den Kursen Konsument*innenpsychologie und Consumer Science unter der Leitung von Sandra Holub und Elisabeth Wolfsteiner vom Institut für Marketing. In einem Empathic Design Projekt (Studierende schlüpfen in die Schuhe der Zielgruppe und können so besser berücksichtigen, wie sich diese fühlen und was sie tatsächlich brauchen) entwickeln die Studierenden ein besseres Verständnis für ältere Konsument*innen, Konsument*innen im Rollstuhl, mit Sehschwäche, Adipositas oder während der Schwangerschaft und erleben deren Herausforderungen und Probleme am Point-of-Sale.

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Studierende aus dem Master "Consumer Research & Data Driven Marketing" | © 2024 FotoLois.com

Lebensrealitäten erleben

Marketing trägt Verantwortung, so auch wenn es um die Integration von unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen geht. Die Nutzung von Empathic Design Equipment ermöglicht es, einen kleinen Teil anderer Lebensrealitäten spürbar zu machen und Verständnis für die vielfältigen Bedürfnisse in unserer Gesellschaft zu schaffen. Gerade im Bereich Marketing und Produktgestaltung ist es wichtig, die Bedürfnisse unterschiedlicher Zielgruppen mitzudenken und in den Designprozess (von beispielsweise Produkten oder Einkaufsstätten) zu integrieren.

Aus diesem Grund wurde Empathic Design Equipment entwickelt, um die Herausforderungen und Besonderheiten verschiedener Lebensphasen und -situationen nachzuempfinden. Durch das Tragen eines Altersanzugs erleben die Studierenden die Einschränkungen der Mobilität und das Gefühl des Alters, während der Adipositasanzug ein Verständnis für die physischen Herausforderungen von Menschen mit Übergewicht vermittelt. Der Schwangerschaftsbauch ermöglicht den Studierenden, die körperlichen (und teilweise sogar emotionalen) Veränderungen während der Schwangerschaft nachzuvollziehen. Legt man den Weg in der Einkaufsstätte im Rollstuhl zurück, erscheinen kleine Hindernisse (zum Beispiel eine Treppe oder ein zu enger Gang) plötzlich unüberwindbar. Die Studierenden konnten im Zuge der Lehrveranstaltungen hautnah erleben, wie es sich anfühlt mit diesen Einschränkungen alltägliche Wege und Aktivitäten zu erledigen und besuchten daher ein Einkaufszentrum in Wieselburg.

"Die Idee hinter dem Einsatz des Empathic Design Equipments in der Lehre ist es, den Studierenden nicht nur theoretisches Wissen zu vermitteln, sondern sie dazu zu bringen, sich in die Schuhe anderer zu versetzen. Durch die physische Erfahrung können sie ein tieferes Verständnis für die Herausforderungen entwickeln, denen Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen gegenüberstehen.", so Wolfsteiner und Holub.

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Studentin Kővári Kata aus dem Master-Studiengang "Consumer Research & Data Driven Marketing" | © 2024 FotoLois.com, Alois Spandl

Nachhaltiges Erlebnis für die Studierenden

„Es war interessant, sich auf diese Weise in die Lage einer älteren Person hineinversetzen zu können. Das hat vor allem auch mein persönliches Verständnis für die Bedürfnisse und Herausforderungen dieser Personengruppe erweitert.“ (Nina Bartl, Studentin Master-Studiengang Produktmarketing & Innovationsmanagement)

Die Rückmeldungen der Studierenden waren durchwegs positiv. Viele berichteten von einer intensiven emotionalen Erfahrung und einem gesteigerten Bewusstsein für die Bedürfnisse von Menschen in verschiedenen Lebensphasen. Von den Studierenden wurden viele Aspekte identifiziert, in denen die Gestaltung von Geschäften, sowie Infrastrukturmaßnahmen noch stärker Rücksicht auf die Bedürfnisse von Personen mit Einschränkungen nehmen kann.

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Nina Bartl & Alexander Bienek, Studierende aus dem Master "Produktmarketing & Innovationsmanagement" | © FHWN

"Menschen mit Seheinschränkungen haben oft Nachteile. Leider wirkt es so, als seien die Geschäfte wenig interessiert daran, diesen Umstand zu ändern." (Alexander Bienek, Master-Studiengang Produktmarketing & Innovationsmanagement)

Nicht nur Auswirkungen hinsichtlich alltäglicher Einschränkungen wurden von den Studierenden identifiziert, auch potenzielle soziale Auswirkungen von nicht ausreichender Berücksichtigung spezieller Bedürfnisse im Alltag, wurden identifiziert.

"Man fühlt sich schnell ausgegrenzt, da nichts auf Menschen mit Sehbehinderung abgestimmt ist.” (Marine Maret, Master-Studiengang Produktmarketing & Innovationsmanagement)

Das Projekt zeigt, dass der Einsatz von Empathic Design Equipment in der Hochschullehre einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung von Empathie und Verständnis für die Vielfalt der menschlichen Lebenserfahrungen leisten kann.


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